Bernd Ziesemer: Thyssenkrupp sucht sich selbst
Auf der Hauptversammlung des Traditionskonzerns Thyssenkrupp greift man die Ratlosigkeit mit Händen. Aufbruch? Nirgends Was bleibt am Ende von Thyssenkrupp? Um welchen industriellen Kern sollen sich die Geschäfte gruppieren, die unter dem Konzerndach bleiben? Wer sich auf der Hauptversammlung des Ruhrkonzerns am vergangenen Freitag Antworten auf diese Frage erhofft hatte, der wurde enttäuscht. Stattdessen war in der langen Rede von Thyssenkrupp-Chef Miguel López viel von Abspaltungen, Verkäufen, Spin-offs und dem Herunterfahren der Produktion die Rede. Und das nicht nur beim Sorgenkind Stahl, sondern quer durch alle Bereiche. Das alles ist notwendig – vor allem der harte Kapazitätsschnitt beim Stahl. Aber selbst wenn all die Pläne klappen sollten, ist das nicht hinreichend, um endlich eine neue Gesamtstrategie für Thyssenkrupp zu formulieren. Ein Konzern sucht nach wie vor nach sich selbst, seiner künftigen Daseinsberechtigung und seiner Rolle in der Volkswirtschaft. So könnte man die Gemütslage in Essen beschreiben. Wofür braucht man noch eine Holding, wenn all die Abspaltungen – vom Stahl über die Marinesparte bis zum Geschäft mit der Autoindustrie – tatsächlich gelingen sollten? Diese Frage hat man in Essen erst einmal beiseitegelegt, um sich auf die Lösung der Probleme zu konzentrieren, die existenzbedrohend sind. Aber López muss sie irgendwann stellen und auch beantworten. 2025 werde das „Jahr der Entscheidungen“, hieß es gleich mehrfach in seiner Rede auf dem Aktionärstreffen. Aber offenbar sind damit nur die bisher vergeblich anvisierten Bereinigungen des Portfolios gemeint. Für Thyssenkrupp bleibt nur die Grüne Transformation Die einzige Klammer, die Thyssenkrupp für seine Geschäfte ins Feld führt, lautet „grüne Transformation“. Aber gerade sie erscheint inzwischen fragwürdiger als noch vor zwei, drei Jahren. Grüner Stahl, Wasserstofftechnologien, Anlagen zur Reduzierung von Kohlendioxid lägen nach wie vor weltweit im Trend, erklärte López, auch wenn die Ent
Bernd Ziesemer: Thyssenkrupp sucht sich selbst